Wyoming Wedding

Als vor ziemlich genau zehn Jahren mein Auslandssemester in Wyoming startete (und damit meine erste US-Erfahrung überhaupt), da war mir nicht klar gewesen, wie wehmütig ich diesen selbst für Amerikaner oft unbekannten Flecken Erde wieder verlassen würde. Eigentlich war mein Erstwunsch ja Long Beach, CA gewesen, aber die Finanzkrise und der drohende Lehrerstreik ließen mich auf Laramie, WY ausweichen. So ist denn auch immer die spätestens zweite Frage: Why are you [going to/in] Wyoming. Selbst der Immigration Office am JFK-Airport in New York war verwirrt.

Dort war ich eingereist, weil Hin- und Rückflug direkt in den Westen tendenziell teurer sind. Mein Weiterflug nach Salt Lake City war mit 4 Stunden Puffer eingeplant gewesen, der nicht nur dicke reichte, sondern durch 2 weitere Stunden auf dem Rollfeld (irgendwas mit Wetter) unfreiwillig verlängert wurde. Ich hatte “The Meg” schon durchgeschaut, bevor wir überhaupt abgehoben waren.

In Utah, Idaho und Wyoming ist nachts nicht viel los.

So betrachtet, grenzt es an ziemliche Selbstüberschätzung, nach 22 Stunden um 22 Uhr in SLC den Mietwagen in Empfang zu nehmen und sich zu denken: Klar fahre ich jetzt noch die 289 Meilen durch Utah, Idaho und Wyoming nach Jackson. Immerhin sind das 465 km. Und auf Nebenhighways über Bergpässe, nachdem man eine Stunde lang kein Auto, Haus oder Licht gesehen hat, denkt man sich schon ab und zu: Nicht einschlafen, und bitte bitte keine Panne. Natürlich ging alles gut und um halb drei landete ich nach einem kurzen Wiedersehen mit Amanda schließlich selig schlummernd auf der Gästecouch des von der Brautfamilie gemieteten Hauses.

Wiedersehen mit dem Brautpaar.

Den ganzen straffen Zeitplan hatte ich mir angetan, um am nächsten Tag mit Brautpaar, Freunden und Familie auf dem Snake River raften zu gehen – wann hat man dazu schon mal die Gelegenheit. Die GoPro-Videos dazu muss ich allerdings irgendwann noch mal in aller Ruhe schneiden. Der Abend schloss mit Craft-Beer und einem Besuch in einer der unzähligen Bars mit dem Namen Cowboy in Wyoming. 

Am nächsten Tag war hiken in den Teton Mountains angesagt. Mit der Seilbahn den Berg rauf und dann… erstmal eine Waffel. Dafür scheint nämlich die Hütte da oben einen überregionalen Ruf zu genießen. Auch das Bergwandern war jetzt nicht von der harten Sorte. Aber auf über 3000 m kann einem die Luft schonmal ein bissl dünn werden.

Wandern in den Teton Mountains.
Man fühlt sich gleich viel sicherer, wenn einem gesagt wird, die Seilbahn kommt aus der Schweiz.

Das Dinner im Brauthaus hatten wir uns also doch redlich verdient. Es gab unter anderem gegrillten Salat (!) und vegane Spieße. Und Notiz an mich selbst: Dringend noch Amanda nach dem Rezept fragen. Zu später Stunde im Regen noch raus in die Hot Tub und im Motel wieder einmal selig (und leicht angebrütet) eingeschlafen. Denn auch wenn die Luft in Jackson auf knapp 2000 m eher dünn und sehr trocken ist (Labello-Pflicht), scheint sie mir ganz gut zu tun. Außerdem fühlte ich mich im “Wild West” schon vor zehn Jahren immer sehr wohl.

Apropos, Pinedale, WY steht dem Klischee-Western der Jackson ist, in kaum etwas nach. Außer, dass es etwas provinzieller wirkt mit seinen 2000 Einwohnern mitten in der Prärie. Wenigstens nehmen die Einwohner das mit Humor und begrüßen Fremde auf ihrem Ortsschild selbstironisch mit “Welcome to Pinedale – All the civilization you need!”. Denn nach etwa zwei Stunden und einem Zwischenstopp inklusive Bad bei den Granite Hot Springs, war das unsere nächste Destination. Hier, bzw. Im nahegelegenen White Pine Ski Resort, sollten sich nämlich Amanda & Kyle das Ja-Wort geben.

Halfmoon Lake. Saukalt.

Resort ist sehr hochtrabend für eine (vor vier Wochen abgebrannte) Hütte mit Lift, ein paar Gästehäuschen, Zelten und Tipis drumherum. Sagen wir mal so: Jetzt waren wir wirklich im Westen angekommen. Dennoch eine wirklich schöne Gegend, mit Fremont und Half Moon Lake um die Ecke (in letzterem bei 12 Grad schwimmen zu gehen war unfassbar erfrischend), viel Wald, den Wind River Mountains am Horizont (an dieser Stelle sei der Film Wind River empfohlen) und aggressiven Mosquitos, die sogar durch Jeans beißen.

Die Hochzeit war in vielerlei Hinsicht besonders: Mit dem Skilift ging es zur Trauung auf den Berg hoch. Die Zeremonie war weitgehend unreligiös mit Elementen aus jüdischer und Crow-Indianischer Tradition, und die Hochzeit im großen Zelt (abgebrannte Lodge und so) war komplett vegetarisch. All dies dürften im Herz von Wyoming ziemliche Premieren gewesen sein! 

❤️

Beseelt von diesen Eindrücken und dem Wiedersehen mit lieben Menschen machte ich mich nach dem Brunch am nächsten Tag auf zurück nach Salt Lake City. Nach dem notgedrungenen Kauf eines neuen Backpacks (don’t ask) und einem Pancake-Abendessen bei IHOP (Tradition) ging es Richtung Fort Lauderdale. Dort beim Umsteigen ereilte mich die Nachricht von Sabrinas Flugticket-Chaos, was die Gedankenwelt des Weiterfluges und des ersten halben Tages in Bogotá weitgehend bestimmte und der Grund ist, warum ich sie auch erst heute, einen Tag später als geplant, am Flughafen in Empfang nehmen kann. Doch dazu später mehr. Jetzt erstmal schauen, ob sie auch wirklich ankommt. Fingers crossed!

2 Kommentare zu „Wyoming Wedding“

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