Opportunity to (not) do

Hat sich eigentlich schon mal jemand ernsthaft Gedanken darüber gemacht, wie Flugbuchungsseiten wir Opodo.de oder Fluege.de funktionieren? Oder besser gesagt, wie sie heute noch funktionieren können und was ihre Daseinsberechtigung ist? In den letzten Tagen war ich dazu gewissermaßen gezwungen, denn Sabrina kam in Bogotá nicht wie geplant am 05.08. an, sondern erst einen Tag später. Der Grund war Travellink.de, eine eben solche Flugbuchungsseite.

Früher nützlich, heute Quark

Natürlich funktionierten die ersten Seiten dieser Art im Web analog zum guten alten Reisebüro. Und meistens mit einem breiten Portfolio, von Flügen bis zur Pauschalreise mit zugebuchtem Mietwagen. Und es machte ja auch vollkommen Sinn: Ich möchte eine Reise (oder ein Flug) buchen, dann gehe ich doch in ein Reisebüro. Natürlich hätte ich auch schon in den 90ern direkt bei der Airline anrufen können, wenn es mir nur um einen Flug gegangen wäre, aber ich hab‘ doch gar keine Ahnung, wer (und wie viele) denn jetzt diesen Gabelflug von Frankfurt nach Bogotá und im Januar von Buenos Aires wieder zurück anbietet…

Nun kommen diese Online-Reisebüros allerdings in ganz verschiedenen Geschmäckern um die Ecke. Die Opodos und Expedias dieser Welt sind die Reisekaufhäuser des Online-Zeitalters. Für den gewieften Traveller tut es in den allermeisten Fällen lediglich der Flug. Die eben genannte Kernfrage also: Wer fliegt den jetzt wann von wo nach wo. Dafür brauche ich kein Reisebüro, dass mir in Ulanbaatar einen Mietwagen andrehen will. Dafür brauche eine Suchmaske und eine Liste.

Diesen Bedarf haben Flugsuchmaschinen wie Kayak.de, Skyscanner.com und nicht zuletzt Google Flights schon lange erkannt. Wenn es also nur um Flüge geht, kann man die Reise-Gemischtwarenläden der 2000er getrost links liegen lassen. Interessant wird es allerdings, wenn man die gewünschte Verbindung auf einer der Flugsuchmaschinen gefunden hat und dann auf den Button mit dem günstigsten Angebot klickt. Manchmal landet man dann wie erwartet direkt bei der Airline. Oft jedoch wieder in einem Online-Reisebüro.

Ich habe keine Ahnung, wie genau diese Läden als weiterer Mittelmensch noch in der Lage sind, eine Arbitrage zu verdienen. Ob das traditionell mit zuvor reservierten Kontingenten läuft – was ich mir in der heutigen Echtzeitwelt fast nicht mehr vorstellen kann – oder ob die lediglich von privilegiertem Zugriff leben. Oder ist es am Ende doch immer der Mietwagen, die Reiseschutzversicherung oder das dreiste, meiner Meinung nach schon lang gegen EU-Recht verstoßende Zahlungsmittelentgelt?

Graffiti in Bogotá
Graffiti in Bogotá

Wer bucht denn jetzt wo?

Zum Teil sind diese Seiten aber durchaus günstig. Für 30-50 Euro schlage ich mich schon mal durch das grausame User Interface von Travellink, das primär darauf ausgelegt ist, dir noch jeglichen anderen Scheiß anzudrehen. Am Ende, wenn mal alle Versicherungs- und Mietwagenhaken deaktiviert hat, steht die Buchung schließlich. Als Bestätigung bekommt eine Mail über die Buchungsanfrage. Aha, da war ja was! Denn man hat in diesem Fall nicht direkt ein Ticket gekuaft, sondern einen Vermittler beauftragt, ein Ticket zu kaufen. Oft bekommt man das gar nicht mit, weil die Bestätigung über die erfolgte Buchung direkt kommt. Bei komplizierteren Anfragen kann das aber auch schonmal ein bis zwei Tage dauern.

So erzählt sich also die Geschichte von Sabrinas Flugbuchung von Frankfurt nach Bogotá und zurück von Buenos Aires im Januar (sie wird noch ein bisschen länger reisen). Und soweit ja auch alles ganz normal, mit Email-Werbung für noch ’nen Koffer oder Wunschsitzplätze, einer bestätigte Buchung in der Travellink-App und sogar einem Check-In-Reminder drei Tage vor Abflug. Dass der Check-In per App nicht funktionierte muss einen bei so einer Flugbuchung nicht unbedingt stutzig machen, zumal der freundliche Hinweis daneben stand, man solle einfach zum Flughafen gehen und das dort machen.

Blöd nur, wenn man am Abflugtag in Frankfurt steht und die Dame von Air Europa ins System guckt und sagt: „Äh, für Sie liegt hier keine Buchung vor!“. Oder besser gesagt, die Buchung sei am 01.07. (Tag der Buchungsbestätigung) gebucht und dann storniert worden. Was macht man dann, auf dem Weg ins halbjährige Sabbatical – außer am Rande des Nervenzusammenbruchs heulend in Panik verfallen.

Die Möglichkeiten sind begrenzt. Notgedrungen erstmal für den Folgetag ein weiteres Ticket buchen, natürlich entsprechend teurer. Dann sich nochmal kräftig ärgern. Und zusammen mit dem Freund (der um 05:30 Ortszeit in Fort Lauderdale zwischen zwei Flügen am Gate sitzt) versuchen, der Sache bei Travellink nachzugehen.

Bogotá ist voll von Geschichte. Und die Geschichte von Kolumbien ist (bis zum heutigen Tage) ernsthaft f***ed up. Das würde hier deutlich den Rahmen sprengen.

Travellink ist ein Saftladen

Ich mache es kurz: Der Supportbereich der Website ist ein Witz. Rezensionen im Internet künden von ähnlichen, wenn auch weniger krassen Erfahrungen. Beschwerden über die Nichterreichbarkeit des Supports stapeln sich auf Trustpilot.com. Ja, hätte man alles früher recherchieren können. Aber auf der anderen Seite gehört Travellink zu Opodo (oder eDreams – alles die gleiche Suppe), und da hatte man ja früher schonmal was gebucht. Ist ja auch kein ganz unbekannter Name.

Bis heute haben wir noch keine Reaktion – und natürlich auch den vierstelligen Ticketpreis nicht zurück. Auf das ausgefüllte Web-Formular wurde nie geantwortet und der (überraschend professionelle) Chatbot stellt einen am Ende doch nie zu einem echten Mitarbeiter durch. Und stundenlang in der Warteschleife hängen gestaltet sich mit sieben Stunden Zeitverschiebung und aus einem kolumbianischen Mobilfunknetz in mehrerlei Hinsicht als eher schwierig. Wie das weitergeht wird man sehen, im Zweifel können wir dann mal unser Glück versuchen mit einem Anwaltsschreiben an eine in Madrid eingetragene spanische Einpersonengesellschaft, die Travellink laut Impressum ist.

Schmerzhafte Lehre also für den zukünftigen Flugbuchungs-Workflow: Auch wenn die Buchung auf den ersten Blick (ohne Gepäckaufschlag und Zahlungsmittelentgelt) etwas günstiger erscheint, werde ich in Zukunft die Opodos und Travellinks dieser Welt links liegen lassen und nur noch auf der Website der Airline buchen. Opodo steht übrigens für Opportunity to do. Danke, I’d rather not.

Auf 3200 m hat man einen fantastischen Ausblick über das wuselige Bogotá

Und Bogotá?

Ist kalt. In 2600 m Höhe wird es nachts mit 10 Grad doch echt kühl im zugigen Hostel ohne Heizung. Außerdem ist die kolumbianische Hauptstadt groß, wuselig und hat den verwirrendsten öffentlichen Busverkehr, den ich je erlebt habe. Davon abgesehen aber ist La Candelaria, wo unser Hostel war, durchaus auch nach Einbruch der Dunkelheit sicher und die Menschen sehr freundlich.

In den zwei ganzen Tagen, die Sabrina und ich dort noch zusammen hatten, sind wir auf den Monserrate (3200 m) hochgewandert und einen Tag nach Zipaquira (etwa 50 km nördlich) gefahren. In „Zipa“ beeindrucken nicht nur die vielen Graffitis mit dem Konterfeit des neulich zum ersten kolumbianischen Tour de France-Siegers gekrönten Egan Bernal, sondern vor allem die atemberaubende „Catedral de Sal“. Ein komplette Kirche inklusive Kreuzweg in einem Stollen eines ehemaligen Salzbergwerks. Den Tagesausflug lege ich jedem Besucher Bogotás dringend ans Herz!

Eine ganze Kathedrale in einem Salzbergwerk. Atemberaubend.

Und wie das schließlich immer so ist mit großen Städten, in denen man seine Reisen beginnt, ob nun Bangkok, Kampala, Rio oder Bogotá: Nach drei Tagen ist man dann auch schon froh, etwas anderes zu sehen. Vielleicht etwas Kleineres, Aufgeräumteres – und vielleicht etwas wärmeres. Deswegen schreibe ich diese Zeilen aus einem klimatisierten Zimmer im schwülwarmen (bis 35 Grad bei gnadenloser Luftfeuchte) Cartagena an der Karibikküste 🙂

1 Kommentar zu „Opportunity to (not) do“

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