Wie funktioniert eigentlich ein (nebenberuflicher) MBA?

Heureka! Es ist vollbracht. Der MBA ist durch. Zwei Jahre habe ich an der Mannheim Business School nebenberuflich auf den Master of Business Administration studiert, und das ist jetzt vorbei. Zwar ist die offizielle Abschlussveranstaltung, die Graduation erst am Wochenende, aber nachdem ich zur Abschlusspräsentation meiner Masterthesis vor zwei Wochen zugelassen war, kann ich mit Fug und Recht von einem erfolgreichen Abschluss ausgehen. Denn die Zulassung zur Präsentation bedingt zumindest eine bestandene schriftliche Arbeit. Aber warum eigentlich ein MBA? Warum nebenberuflich? Und lohnt sich das Ganze überhaupt? Dafür versuche ich hier mal ein paar Fingerzeige zu geben.

Studiert habe ich früher mal Informatik (Dipl.-Inform.). Und seit den ersten Jahren im Beruf stellt mich das gefühlt gewissermaßen in eine Ecke, besonders deshalb, weil ich nicht in der Tech-Branche, sondern in der Industrie arbeite. Und weil ich dort seit je her nicht in der IT mein Tageswerk verrichte, sondern in Powerpoint-lastigen, BWL-geprägten Bereichen. Da ist das technologische Verständnis zwar ein wichtiges Asset, aber am Ende des Tages steht man doch wieder quer im Stall und ist primär „der Techniker“. Es sollte nun also eine Zusatzausbildung sein, die mich inhaltlich weiter entwickelt, die mir aber auch formal, „auf dem Papier“, bescheinigt, dass ich die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge verstehe.

Es ist vollbracht!
Business Master Project: Abgegeben!

Für wen macht ein solcher MBA Sinn?

Nach der kurzen, wahnwitzigen Idee, ich sei jemand, der sich 5 Jahre mit einem einzigen Thema im Rahmen einer Promotion im öffentlichen Dienst beschäftigen könne, war relative schnell klar, ein MBA sollte es sein. Denn ein solcher Studiengang ist als generalistisches Managementstudium angelegt. Die Wikipedia beschreibt hier ganz gut, was den tatsächlichen Querschnitt meines Jahrgangs am Ende ausmachte:

Zielgruppen dieser Programme sind unter anderem Ingenieure, Natur- und Geisteswissenschaftler, Juristen und Mediziner, die sich für Managementpositionen oder hohe Ämter im öffentlichen Dienst qualifizieren wollen. Seltener richtet es sich an Betriebswirte, die sich im vorangegangenen Studium mit anderen Schwerpunkten auseinandergesetzt haben.1

Es handelt sich also im Wesentlichen um eine Weiterentwicklung generalistischer Natur, um die Qualifikation, die man in seinem Erststudium in seiner spezifischen Disziplin erlernt hat, um betriebswirtschaftliche Kenntnisse zu ergänzen. Schließlich braucht man diese in unserer Marktwirtschaft quasi überall.2 So waren in unserem Jahrgang vom promovierten Physiker über den Ingenieur bis hin zum BWL-Bachelor aus der dualen Hochschule alle vertreten. An dieser Stelle sei erwähnt, dass dieses Potpurri natürlich auch Einfluss auf die „Flughöhe“, also den gemeinsamen thematischen Nenner des Studieninhaltes hat. Ob also der Rundumschlag durch die BWL einem solide ausgebildeten Bachelor von einer guten Wirtschaftsuni wirklich etwas bringt (außer einem Master-Grad), muss jeder für sich selbst beurteilen.

Als fachfremder „Techniker“ kann ich nach den zwei Jahren aus einer inhaltlichen Perspektive allerdings ein äußerst positives Urteil fällen. Zwar bin ich weder in Accounting, Operations Management oder Marketing (da schon mal gar nicht) ein Experte. Aber mir sind die grundlegenden Konzepte und Denkweisen vertraut. Das trägt viel zum Verständnis der eigentlichen Funktionsweise eines Unternehmens bei. Gerade für jemanden, der aus einer exakten Wissenschaft kommt, die sehr von Logik und mathematischer Beweisbarkeit geprägt ist, ist ein Verständnis für die stark modellabhängige „It-Depends“-Mentalität der Wirtschaftswissenschaft ein wichtiger Mindset-Shift.

Uni-Auswahl und Bewerbungsprozess

Es gibt nicht den einen MBA. Am Anfang galt es also, die entsprechende Uni und das entsprechende Modell auszuwählen. Da ich mir nicht leisten konnte und wollte, ein Jahr komplett aus dem Berufsleben auszusteigen, war schon einmal klar, dass es ein Part-Time Programm sein musste. Da dies parallel zum Job über zwei Jahre als Wochenendveranstaltung oder in Wochenblöcken abläuft, war auch klar, dass die Reisezeiten und -kosten einen zu beachtenden Faktor darstellten. Alle paar Wochen nach Stanford zu tingeln war also keine Option. Andererseits sollte es auch nicht die Feld-, Wald- und Wiesen-Fachhochschule in Hintertupfingen sein. Ein Blick in die einschlägigen Rankings3 verriet, dass die beste Business School im deutschsprachigen Raum zufällig in Mannheim ist4. Und deren Part-Time-Programm verfolgt einen sehr angenehmen Modus mit Blockveranstaltungen etwa alle zwei Monate. Das war mir auch deutlich lieber, als beispielsweise an der WHU5 fast jedes Wochenende zu verbringen.

Die besseren Business Schools legen natürlich auch die Latte für die Bewerber etwas höher (und den Preis des Programms selbst, aber dazu gleich mehr). Nachdem ein guter MBA natürlich in englischer Sprache unterrichtet wird, verlangt die Mannheim Business School (MBS) wie fast alle Universitäten eine TOEFL-Test6 mit mindestens 100 Punkten. Der Test of English as a foreign language ist einer der Standard-Fremdsprachentest und wird an vielen Test-Centern in Deutschland angeboten. Darüber hinaus brauchte ich auch noch einen General Management Admission Test (GMAT)7 mit mindestens 600 Punkten. Dabei handelt es sich um einen Multiple-Choice Test, der die prinzipielle Eignung für solch ein Management-Studium nachweisen soll. Es geht viel um Logik und Mathematik, mit Elementen, die an einen etwas ausgefeilteren Intelligenztest erinnern. Mit Vorbereitung, Terminsuche und Durchführung benötigt das ganze Prozedere ein paar Wochen Vorlauf, weshalb man nicht unbedingt kurz vor Ende der Bewerbungsfrist an der Uni damit anfangen sollte.

Mit Einreichung der Bewerbungsunterlagen möchte die MBS außerdem noch einen „kreativen“ Beweis dafür, dass man sich wirklich mit der Business School und dem Studium auseinander gesetzt hat. Das kann einen Powerpoint-Präsi oder ein selbst gemachtes Video sein. Ich entschied mich dafür, eine Website zu bauen, in der ich ein eigenes Statement, sowie ein paar Testimonials eingebaut habe: http://why.should.mbs.accept.kopenetz.de/. Genügen die Unterlagen den formalen Ansprüchen und gefallen dem Admissions Council, wird man zu einem persönlichen Interview eingeladen. Das fühlt sich ein bissl wie ein Vorstellungsgespräch an, ist dann aber auch endgültig der letzte Schritt in der Bewerbungsreise.

Was kostet das?

Nachdem es sich bei einem MBA nicht um ein Erststudium handelt und auch typischerweise nicht von den Hochschulen als solches, sondern von speziell dafür ausgegründeten Tochterunternehmen angeboten wird, ist der Spaß nicht kostenlos. Dabei korreliert der Preis für das Programm klar mit der Reputation der Uni: Während man an manchen Fachhochschulen schon für wenige Tausend Euro studieren kann, rufen die top-gerankten Business Schools in Europa typischerweise so um die 40.000 Euro auf.

Da gibt es natürlich einige Stellschrauben, an denen sich drehen lässt: Viele Unis bieten einen „Frühbucherrabat“ an, wenn man sich vor dem Ablauf bestimmter Fristen bewirbt. Bei einem berufsbegleitenden Studium lohnt sich natürlich auch immer die Nachfrage beim Arbeitgeber. Viele Firmen unterstützen solche Weiterbildungsprogramme entweder finanziell oder zumindest durch ein paar zusätzliche freie Tage. Letztere stehen einem durch die landesspezifischen Gesetze zum Bildungsurlaub in Deutschland meist sowieso zu8. Und zu guter letzt sind die Studiengebühren steuerlich absetzbar, im Fall der MBS sogar über drei Kalenderjahre. Die Nettobelastung ist also deutlich geringer und der Schreck nach dem Nachrechnen nicht mehr ganz so groß.

Retrospektive auf zwei Jahre Vollgas

Das Studium an der MBS ist aufgeteilt in zwölf Module zu je einer ganzen Woche inklusive der jeweils angrenzenden Wochenenden. Als der erste Block im September 2016 startete, betraf meine größte Befürchtung die Kommilitonen: Sind das alles karrieregeile Lackaffen mit Konzerndenke? Alles undifferenzierte Wohlstandskinder und FDP-Wähler?

All meine Befürchtungen waren grundlos! Die knapp 40 Teilnehmer meiner PTMBA 2018 Class waren allesamt Bombe. Wahnsinnig interessante Menschen aus verschiedensten Branchen, Ländern9 in einem Altersspektrum von 26-40.

Pro Modul kämpften wir uns mit einer starken Betonung auf Gruppenarbeiten in immer wechselnden Zusammensetzungen durch Accounting, Marketing, Cross-Cultural Management, Leadership und und und. Die Prüfungsleistungen bestanden meist aus Kombinationen von Case Studies während der Module, manchmal aus Klausuren und sehr häufig auch aus individuellen Pre- oder Post-Assignments, die im Vorlauf oder Nachgang zur Präsenzwoche angefertigt werden mussten.

Der Arbeitsaufwand war meist hoch – unvergessen manche Gruppenarbeiten, die bis nachts um drei in einem der umliegenden Cafés bearbeitet werden mussten, da die von der Uni angemieteten Seminarräume bereits um 22:30 die Pforten geschlossen hatten. Besonders im zweiten Jahr, in dem neben dem Job und den Präsenzmodulen auch noch die Masterarbeit anzufertigen war, ging es schon auch an die Substanz. Das sogenannte Business Master Project ist an der MBS auch eine Gruppenarbeit. Entweder als Consulting-Projekt für einen Kunden aus der Wirtschaft oder als Business-Plan für eine Start-Up-Idee.

Bahamas, Baby!
Es war nicht immer nur Arbeit: Bahamas, Baby!

Natürlich war nicht alles nur Work, sondern auch „a good deal of Play“. Mit einer tollen Truppe erkundeten wir das nächtliche Mannheim nicht nur auf der Suche nach Wifi und Arbeitsplätzen, sondern auch nach Bars und Clubs. Oft zum Leidwesen der Vorlesungsbeteiligung am nächsten Tag. Gehört halt auch dazu. Unvergessen auch das Auslandsmodul an der Emory in Atlanta. Nicht nur der Aufenthalt an der Partneruni in Georgia war die Reise wert, sondern auch der vorherige Aufenthalt in Miami und auf den Bahamas, sowie die anschließenden Tage in New York. Networking ist mindestens eben so wichtig wie die akademische Ausbildung.

Was bringt’s? Was bleibt?

MBA-Rankings basieren typischerweise auch auf sehr „karrierefokussierten“ Metriken. So in etwa „prozentualer Gehaltsanstieg nach dem Abschluss“. Die Ausrichtung als in Vorlesungspläne gegossener Turbokapitalismus amerikanischer Prägung lässt sich nicht verleugnen. Umso überraschender, dass ich mit meiner Hauptmotivation, die so gar nicht in die gleiche Kerbe schlug, nicht allein da stand. Bei mir ging es um die intrinsische Motivation weiter zu lernen, etwas Neues zu machen. Bei vielen der Kommilitonen ebenfalls. Ich persönlich hätte auch gerne noch Philosophie und Geschichte studiert – das passte nur nicht so gut ins Narrativ der „Karriereplanung“ beim Arbeitgeber.

Den meisten war also gemein, dass es nicht zwingend den nächsten konkreten Schritt, die nächste konkrete Beförderung nach diesem Abschluss gibt. Für viele waren die zwei Jahre auch eine Suche nach der weiteren Roadmap. Für manche geht diese Suche vielleicht sogar jetzt erst richtig los. Weil vielleicht auch ein bisschen Unzufriedenheit mit dem Status Quo in die Entscheidung für das Studium mit eingeflossen war. Einige haben bereits während der zwei Jahre den Job gewechselt, andere fangen jetzt mit der Suche an oder wollen sich nun bei ihrem Arbeitgeber neu positionieren. Und ich hatte den Eindruck, dass für nicht wenige auch die zwei Jahre dazu beigetragen haben, dass sich die ursprünglich gesteckten Karriereziele, die Prioritäten im Leben, ganz neu verschoben haben. Und auch das ist dann ein unbezahlbarer Benefit aus diesem Studium – ein Erkenntnisgewinn über sich selbst.

Notizen

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Master_of_Business_Administration
  2. Nicht nur profitorientierten Unternehmen ist dieses Wissen essentiell, auch Non-Profits und NGOs müssen wirtschaften.
  3. http://rankings.ft.com/businessschoolrankings/global-mba-ranking-2018
  4. https://www.mannheim-business-school.com/en/
  5. https://www.whu.edu/en/
  6. https://www.ets.org/toefl
  7. https://www.gmac.com/
  8. http://www.bildungsurlaub.de/infos_bildungsurlaub-ein-ueberblick_17.html
  9. wenngleich hier angemerkt sei, dass die Mehrheit aus Deutschland kam und die „Internationals-Quote“ in den Full-Time-Programmen deutlich höher ist

1 Kommentar zu „Wie funktioniert eigentlich ein (nebenberuflicher) MBA?“

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